Bis Anfang 2016 galt in Brasilien die Regel, dass jedes ausländische Scheidungsurteil durch das spezielle Anerkennungsverfahren der "Homologação" durch den Oberen Gerichtshof (Superior Tribunal de Justiça - kurz STJ) bestätigt werden musste, um in Brasilien Wirkung zu entfalten.

Mit Inkrafttreten des neuen brasilianischen Zivilprozessgesetzbuches (Novo CPC) am 18.03.2016 gibt es nun eine Ausnahme von dieser Regel. Seit diesem Datum muss ein ausländisches Urteil über eine "einvernehmliche Scheidung" nicht mehr im Wege der Homologação durch den STJ bestätigt werden.

Die Anwendung dieser Ausnahme ist insbesondere für deutsche Scheidungen stark eingeschränkt. Unter die neue Ausnahme fallen nur solche Scheidungen, bei denen nicht auch über Folgesachen entschieden wurde. Der STJ hat nunmehr entscheiden, dass auch eine Scheidung mit Entscheidung über den Versorgungsausgleich, wie dies in der Mehrzahl der deutschen Scheidungen der Fall ist, weiterhin im Verfahren der Homologação bestätigt werden muss. Für die Mehrzahl der deutschen Scheidungen gilt die neue Regelung daher leider nicht.

Welche Scheidungen fallen unter die neue Regelung?

Art. 961 Novo CPC lautet:

Art. 961. Eine ausländische Entscheidung ist Brasilien nur nach Bestätigung (Homologação) des Urteils oder Erteilung des Exequaturs für Rechtshilfeersuchen wirksam, es sei denn ein Gesetz oder ein zwischenstaatlicher Vertrag sieht etwas anderes vor.
[… ]
§ 5 - Ein ausländisches Urteil über eine einvernehmliche Scheidung entfaltet in Brasilien Wirkung unabhängig von seiner Bestätigung (Homologação) durch den Superior Tribunal de Justiça.
§ 6 - Im Falle des § 5 obliegt es jedwedem Richter, die Gültigkeit der Entscheidung - im Wege einer Hauptsache oder inzident - zu prüfen, wenn die Frage im Rahmen eines Verfahrens in seiner Kompetenz aufgeworfen wird.

Anweisung des brasilianischen Justizrates CNJ

Der brasilianische Justizrat CNJ hat am 17.05.2016 eine Norm, das Provimento 53/2016 veröffentlicht, die die Anwendung des oben zitierten Art. 961 CPC näher regelt. Insbesondere wird festgelegt, welche Art von Scheidungen gemäß der neuen Regelung direkt, also ohne vorheriges Homologação-Verfahren registriert werden können.

Das CNJ bedient sich hier der Unterscheidung in „pure“ einverständliche Scheidungen und „qualifizierte“ einverständliche Scheidungen. Eine solche Unterscheidung hatte bereits das STJ in seinen ersten Entscheidungen zum neuen Gesetz verwandt.

Registriert werden können Scheidungen nur dann ohne Homologação, wenn es sich um so genannte „pure“ einvernehmliche Scheidungen handelt, also solche, die keinerlei Bestimmungen über

  1. das Sorgerecht bzw. die Obhut (Guarda) der gemeinsamen Kinder
  2. den Ehegatten- oder Kindesunterhalt oder
  3. die Aufteilung von Vermögen

enthalten. Sind in der Scheidung Bestimmungen über einen der oben genannten Punkte enthalten, so handelt es sich, nach dem „Provimento“ des CNJ, um eine „qualifizierte einvernehmliche Scheidung“. Diese sind nach wie vor vom STJ im Wege des Homologação-Verfahrens anzuerkennen, bevor sie in Brasilien registriert werden können.

Das CNJ unterscheidet bei den „qualifizierten einvernehmlichen Scheidungen“ nicht danach, ob die Nebenentscheidungen bzw. -bestimmungen Gegenstand eines Streits waren, oder einvernehmlich geregelt wurden. D.h. es sind insbesondere auch solche Scheidungen im Wege der Homologação anzuerkennen, bei denen sich die Ehegatten z.B. auf die Übertragung des Sorgerechts auf einen Ehegatten vor Gericht geeinigt haben. Auch in diesem Fall liegt eine „qualifizierte einvernehmliche Scheidung“ vor, obwohl es niemals Streit gab.

Keine direkte Registrierung (averbação direta) bei Versorgungsausgleich

Für eine typische deutsche Ehescheidung ergibt sich insbesondere die Frage, ob eine einvernehmliche Ehescheidung, die eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich enthält, eine „pure einvernehmliche Scheidung“ oder eine „qualifizierte einvernehmliche Scheidung“ ist. Dies hat nun das STJ in 3 Entscheidungen zumindest teilweise geklärt. Gemäß der Entscheidung SE 12.270 DE handelt es sich bei „Scheidungen, bei einen eine Aufteilung von Rentenversicherungsansprüchen vorgenommen wird um qualifizierte einvernehmliche Scheidungen gemäß der Klassifikation des Provimento 53/2016/CNJ, welche ein Homologação-Verfahren erfordern“. [… und weiter …] „Der vorliegende Fall behandelt eine qualifizierte einvernehmliche Scheidung, welche neben der Auflösung der Ehe auch eine Bestimmung hinsichtlich der Aufteilung von Vermögen enthält“ (Entscheidung STJ SE 12.270 DE vom 18.07.2016). Ähnlich auch die Entscheidungen STJ SE 14.725 DE und SE 9.204 DE, auch hier wird ausgeführt, dass es sich aufgrund der Entscheidung über den Versorgungsausgleich um eine qualifizierte einvernehmliche Scheidung im Sinne des Provimento 53/2016 de CNJ handele und daher die Homologação durch das STJ weiterhin notwendig sei.

Damit entfällt für einen großen Teil der deutschen Scheidungen die Möglichkeit einer direkten Registrierung. Nach deutschem Recht muss ein Versorgungsausgleich bei jeder Scheidung durchgeführt werden, wenn die Eheleute auf diesen nicht ausdrücklich per Ehevertrag verzichtet haben (oder in der Ehezeit gar keine Rentenanwartschaften erworben wurden).

Nicht ausdrücklich geklärt ist bisher die Frage, ob eine deutsche Scheidung trotz Verzichts auf den Versorgungsausgleich immer noch eine „qualifizierte“ einvernehmliche Scheidung darstellt.

Das Problem in diesen Fällen ist die Tatsache, dass die Entscheidung des deutschen Gerichts üblicherweise lautet:

„1. Die am […] geschlossene Ehe wird geschieden.
2. Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt.
3. […].“

Es gibt also selbst in diesem Fall eigentlich eine Entscheidung zum Versorgungsausgleich, auch wenn diese lautet: „Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt.“ Es handelt sich jedoch um Entscheidung, und diese erwächst auch in Rechtskraft. Ein Versorgungsausgleich kann nach einer solchen Entscheidung nicht mehr (bzw. nur in den engen Grenzen einer Spezialregelung) beantragt werden. Dies ist vergleichbar mit einer Entscheidung, nach der z.B. festgestellt wird, dass der eine Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch gegen den anderen hat. Auch bei einer solchen Entscheidung muss die Scheidung in Brasilien im Wege der Homologação anerkannt werden. Aus rechtlicher Sicht wäre es also durchaus folgerichtig, wenn auch Scheidungen bei denen festgestellt wird, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet weiterhin eine Homologação in Brasilien benötigen.

Die Feststellung, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfinde, müssen deutsche Gerichte immer treffen, wenn die Ehepartner auf den Versorgungsausgleich verzichten, wenn die Ehezeit kurz war, und deshalb kein Versorgungsausgleich stattfinden oder wenn der Ausgleichswert der von einem Partner auf den anderen übertragen würde zu gering wäre. Nur in einigen besonderen Fällen gibt es bei einer deutschen Scheidung tatsächlich keine Entscheidung über den Versorgungsausgleich. Dies ist der Fall,

  1. wenn das Verfahren über den Versorgungsausgleich von der Scheidung abgetrennt wird, weil darüber später entschieden werden soll
  2. wenn keiner der Ehegatten die Staatsangehörigkeit eines Landes besitzt, das den Versorgungsausgleich kennt und
  3. wenn die Scheidung nicht nach deutschem Recht sondern nach einem ausländischen Recht gesprochen wird, welches keinen Versorgungsausgleich kennt. Eine Scheidung nach ausländischem Recht ist z.B. aufgrund einer Vereinbarung der Ehegatten möglich.

In diesen 3 genannten Fällen wird wohl auch nach der derzeitigen Rechtsprechung des STJ die direkte Registrierung einer deutschen Scheidung in Brasilien möglich bleiben.

Fazit

Für den Moment lässt sich sagen, dass eine Homologação immer dann notwendig ist, wenn entweder

  1. ein Ehegatte mit der Scheidung nicht einverstanden war oder sich gar nicht geäußert hat oder
  2. die Scheidung auch Bestimmungen über das Sorgerecht, den Unterhalt oder die Vermögensaufteilung, inkl. des Versorgungsausgleichs, enthält.

 

Registrierung des ausländischen Urteils über eine einvernehmliche Scheidung

Sofern Ihre Scheidung als "pure einvernehmliche Scheidung" anzusehen sein sollte, wird zwar keine Bestätigung durch den STJ (Homologação) mehr notwendig sein, in der Mehrzahl der Fälle muss jedoch eine Registrierung im zuständigen brasilianischen Standesamt (Cartório) erfolgen. Eine solche Registrierung ist nicht nur für eine erneute Eheschließung in Brasilien notwendig, sondern z.B. auch, um eine Namensänderung in brasilianischen Dokumenten eintragen lassen zu können oder um eine Zivilstandsbescheinigung (manchmal auch etwas ungenau als "Ledigkeitsbescheinigung" bezeichnet) vom brasilianischen Konsulat zu erhalten. Eine solche Zivilstandsbescheinigung wird häufig für Eheschließungen von Brasilianern im Ausland, z.B. in Deutschland, verlangt.

Die Registrierung der Ehescheidung nennt man im Brasilien "averbação", also "Beischreibung". Der Name rührt daher, dass ein Vermerk über die im Ausland erfolgte Ehescheidung im Registereintrag der Ehe beigeschrieben wird. Hieraus folgt auch, dass zunächst die Ehe in Brasilien zu registrieren ist, erst dann kann die Ehescheidung beigeschrieben werden.

Wo muss die Scheidung registriert werden?

Die „Averbação” erfolgt im für die Registrierung der Ehe zuständigen brasilianischen „Cartório“. Die „Averbação” in einem brasilianischen Konsulat ist nicht möglich. Brasilianische Konsulate registrieren zwar Eheschließung im Ausland und stellen Urkunden über die Abschrift der Eheschließung aus, sie führen aber kein Eheregister. Die Eheregister werden nur von den Zivilregistern (Cartórios de Registro Civil) in Brasilien geführt. Auch eine konsularisch registrierte Ehe muss noch in das Eheregister eines Zivilregisters in Brasilien übertragen werden. Nur dort kann sodann auch eine Beischreibung der Ehescheidung veranlasst werden.

Bei einer Eheschließung in Brasilien ist das "Cartório de Registro Civil" zuständig, wo die Eheschließung erfolgte.

Bei einer Eheschließung im Ausland ist entweder das Cartório des Wohnsitzes zuständig, wenn Sie in Brasilien wohnen, oder das 1º Ofício de Registro Civil das Pessoas Naturais do Distrito Federal in Brasília, wenn kein Wohnsitz in Brasilien besteht. Sollte die Ehe bereits in einem Cartório in Brasilien registriert worden sein, ist immer dieses Cartório auch für die Averbação der Ehescheidung zuständig.

Wie läuft das Registrierungsverfahren im Falle einer ausländischen einvernehmlichen Scheidung ab?

Die Anweisung des CNJ sieht vor, dass „pure einvernehmliche Scheidungen“, also solche, bei denen über nichts weiteres als die Scheidung selbst entscheiden wurde, direkt registriert werden können. Die Anweisung des CNJ erwähnt ausdrücklich, dass eine Entscheidung eines brasilianischen Richters über die Anerkennungsfähigkeit, die in der ersten Zeit nach Inkrafttreten des neuen CPC von einigen Cartórios unter Verweis auf § 6 des Art. 961 Novo CPC gefordert wurde, nicht notwendig ist.

Notwendig ist nur eine Legalisation und eine Übersetzung des vollständigen Scheidungsurteils, mit Begründung und Rechtskraftvermerk, durch einen in Brasilien vereidigen Übersetzer.

Nach erfolgter Registrierung erhalten Sie eine Eheurkunde mit dem Vermerk über die Scheidung. Diese Eheurkunde kann dann zum Beweis der erfolgten Ehescheidung bei brasilianischen Behörden oder Konsulaten vorgelegt werden.

Kontaktieren Sie uns, um ein Angebot zur Registrierung Ihrer Scheidung zu erhalten

Wenn Sie Interesse an einem Angebot für die Registrierung Ihrer Ehescheidung in Brasilien haben, bitten wir Sie, uns mitzuteilen, ob die geschiedene Ehe bereits in einem Cartório in Brasilien registriert wurde und in welchem, und uns eine vollständige Kopie ihres Scheidungsurteils sowie ggf. der brasilianischen Eheurkunde zuzusenden, gerne auch per Email.